Freitag, 20. März 2009

Auf den Plätzen - On the Roman Squares

Rom ist eine Stadt, die man im Freien erleben muss. Und langsam aber sicher steigen die Temperaturen, die Sonne wird immer seltener durch lästige Wolkenfelder gestört, die Straßen trocknen nach andauerndem Regen. So gibt es im angehenden Frühling nichts schöneres als stundenlange Spaziergänge durch das historische Zentrum. Man bewundert aufs neue wunderschöne Gebäude, die gerade von hellem Sonnenlicht beschienen werden; man schlendert über die "Sanpietrini" - das allgegenwärtige dunkle Kopfsteinpflaster; man ruht sich auf einer der Steinbänke auf der Piazza Navona aus, während man dem Plätschern des Mohrenbrunnen lauscht. Oder man verweilt ein wenig bei einem der zahlreichen Straßenkünstler, die in der ewigen Stadt nach zahlendem Publikum suchen.

Rome is a city to be experienced outdoors. And slowly but surely the temperatures rise, the sun is disturbed by cloud fields less and less, the streets dry after the neverending rain. Thus in the incipient spring there is nothing better than an hours-long walk through the historic city center. You can once more admire beautiful buildings, you can stroll over the "sanpietrini - the ubiquitous cobblestone pavement, you can rest on one of the stone benches on the Piazza Navona while listening to the soft lapping of the Fontana del Moro. Or you can linger by one of the many street artists, that are looking for paying audience in the Eternal City.

Oft sieht man die obligatorischen lebenden Statuen, von denen einige so kreativ und sympathisch sind, dass sie jedesmal zahlreiche Zuschauer anziehen. So stellt sich einer von diesen in einem bunten Anzug mit Krawatte und Aktentasche mitten auf die umlaufende Straße auf der Piazza Navona und mimt einen eiligen, grinsenden Geschäftsmann. Die einzige Bewegung, die von ihm ausgeht, sind die Augenbrauen, die anzüglich über der Sonnenbrille zucken, wenn ein paar Münzen in seine Dose fallen. Ein anderer malt sich von oben bis unten in demselben grau an, wie es die vielen Mülltonnen in Rom aufweisen, und fläzt sich neben eine von diesen mit einer Flasche Hochprozentigem, wie ein einsamer Cowboy nach einer durchzechten Nacht.

Often you see the obligatory living statues. Some of them are very creative and winsome that they always attract numerous spectators. One positions himself on the Piazza Navona with a colorful suit and briefcase and acts like a grinning businessman in a hurry. The only movement you can witness are his eyebrows that will twitch over his sunglasses when you drop some coins in his tin can. Another paints himself in the same grey as the many garbage cans of Rome and slouches beside one of them with a bottle of schnaps like a lonely cowboy after a drunken night.

Eine recht merkwürdige Attraktion bietet ein älterer Mann. Sein langes weißes Haar wallt über das Oberteil eines billigen Zirkuskostüms, während seine Finger in selbstgebastelten Handpuppen stecken. Zeigefinger und Mittelfinger stellen die Beine dieser kleinen Figuren dar, die er in festen Choreographien über einen vor ihm stehendem Tisch tanzen lässt. Aus einer Box darunter erklingt zu diesem Theater Musik von Pop über HipHop bis Tango. Eine überflüssigere Show habe ich im Leben noch nicht erlebt. Auch die kleinen Requisiten, die er hurtig wechselt, wenn das Band das nächste Lied mit anderem Thema spielt, sind leider wenig amüsant. Klitzekleine Gartenbänke oder Hüte oder Röckchen oder Bäumchen sind es wirklich nicht wert, sich ein paar Minuten länger die Beine in den Bauch zu stehen. Aber man tut es trotzdem. Und dann bemerkt man, dass dieser gruselige Herr die umstehenden Zuschauer mit einem äußerst anzüglichen Blick betrachtet, was noch irritierender wird durch die Tatsache, dass sich das ganze Puppenspiel genau auf der Höhe seines Schrittes abspielt. Ich scheine nicht die einzige zu sein, die von diesem Spektakel in neugierige Abneigung versetzt wird. Wenige trauen sich nah an seinen Tisch heran und nur die abgebrühtesten wagen es ein Geldstück in seinen Hut zu werfen.

A very weird attraction is being offered by an elderly man. His long white hair falls over a cheap circus costume. With little self-made hand puppets - his index and middle finger represent the legs of the little figures - he shows choreographies on a small table along to some bad music that comes from underneath. There was never a more superfluous shown on the face of the earth. Even the small requisites that he changes hastily when the music changes are little amusing. Itsy-bitsy benches or hats or skirts or trees are really not worth cooling one's heels for longer than necessary. But you stay anyway. Only to notice after a few moments that the creepy mister watches the audience with a kind of lewd look, which is even more irritating because of the fact, that the whole puppetry is taking place right in the height of his crotch. I do not seem to be the only one that is curiously horrified by this spectacle. Few dare to approach his table and only the bravest of them venture to throw a coin into his hat.

Seltener kann man Straßenmalern bei der Arbeit zusehen. Wenn man aber das Glück hat, einen zu finden, zaubert dieser ein wahres Kunstwerk auf das Pflaster. Ich durfte die "Geburt der Venus" von Botticelli in Kreide bewundern. Es war eine wirklich beeindruckende Kopie des Gemäldes, das ich vor ein paar Jahren in Florenz bestaunt habe.

Less often you can watch street painters at work. But if you are lucky enough to find one, they are always creating a real masterpiece on the pavement. I saw a "Birth of Venus" by Botticelli in chalk. It was a truly impressive copy of the painting I saw a few years back in Florence.

Zuletzt gibt es natürlich viele Straßenmusiker, welche die schönsten Plätze in eine angenehme Atmosphäre versetzen. Man hört zum Beispiel Gitarristen, die mit spanisch anmutenden Klängen das Abendessen begleiten; man hört kleine Ensemble mit eher jazzigen Klängen; man hört Violinisten, die in teilweise schiefen Tönen ein paar bekannte klassische Sinfonien andeuten; man hört manchmal sogar Tenöre, die mit großen Stimmen die Piazza Rotonda in eine Opernbühne verwandeln. Wenn also die gelblich warme Straßenbeleuchtung das abendliche Rom in eine wohlige Stimmung versetzt und sich die ganze Stadt zu entspannen scheint; was könnte da schöner sein, als mit ein paar Freunden, ein wenig Bier oder Wein und interessanten Gesprächen von einem Platz zum nächsten zu schlendern, wo schon der nächste talentierte Musikant darauf wartet, einen in vergnügte, nachdenkliche oder romantische Stimmung zu versetzen.

Finally there are of course lots of street musicians, that put the most beautiful squares into a cosy atmosphere. There are guitarists, that accompany dinner with some spanish sounds; there are small jazzy ensembles; there are violinists that adumbrate classical symphonies with shrill tones; there are sometimes even tenors, that transform the Piazza Rotonda into a opera stage with great voices. So when the warm street lighting puts the evening Rome into a pleasant and tranquil ambiance; what could be nicer than spending the evening with a couple of friends, some wine and interesting conversations strolling from one beautiful square to the next, where another talented musician is just waiting to put you in a merry, contemplative or romantic mood.

Dienstag, 3. März 2009

Galleria Borghese

Als ich in den ersten Saal der Galleria Borghese gelange, stockt mir der Atem; für die Schülergruppen, die hastig nochmal ihre vorbereiteten Referate durchblättern, ist der Anblick der Marmorskulptur kein Grund, um Plaudereien und Gelächter zu unterbrechen. Andere Leute strömen hektisch an mir vorbei. Den Audioguide wie einen alten Telefonhörer immer ans Ohr gepresst schauen sie mit offenem Mund an die Decke oder beugen sich mit zusammengekniffenen Augen über die Absperrung vor einem Gemälde, um ein wichtiges Detail zu begutachten. Ich warte ein paar Minuten bis der Raum sich beruhigt hat, bevor ich langsam Berninis "Raub der Proserpina" von allen Seiten betrachte.

As I enter the first hall of the Galleria Borghese, I find myself stunned. The view of the marble sculpture is no reason for a group of students to stop flipping through their prepared presentations or to interrupt laughter and chat. Another group of people flocks in. Pressing the audioguide to their ears like an old handset they stare up to the ceiling with gaping mouths or bend over a cordon in front of a painting to examine an important detail. A few minutes later the room has calmed down and I can slowly circle around the "Rape of Proserpina" by Bernini.

Mehrere Scheinwerfer tauchen die weiße Marmorskulptur in ein weihevolles Licht. Vom aufgewühlten Haar bis zu den unnatürlich gekräuselten Zehenspitzen; die Panik der Proserpina ist offensichtlich. Vergebens stützt sie sich mit einem Arm von Plutos Haupt weg, der das Objekt seiner Begierde fest umschlungen hält. Muskelberge spannen sich an seinem ganzen Körper an, während seine kräftigen Finger besitzergreifend in das Fleisch ihrer Taille und Schenkel greifen. Wie die eines energischer Liebhaber erfassen seine leidenschaftlichen Hände die widerwillige Proserpina. Es ist sanfte Gewalt, die der sonst so unerbittliche Gott der Unterwelt an dem üppigen Mädchen übt. Er wird sie mit sich nehmen. Und über diese Gewissheit kann sie einige Tränen der Trauer, die ihr über die Wangen laufen, nicht bezwingen.

Several spotlights bathe the white marble sculpture in a solemn light. From the ruffled hair down to the unnaturally crinkled tiptoes; the Proserpina's panic is obvious. With a slender arm she vainly pushes away the head of Pluto, who keeps his object of desire embraced tightly. Muscles tighten all over his body, while his energetic fingers dig possessively into the flesh of her waist and thigh. His passionate hands grasp the reluctant Proserpina as does a vigorous lover. It is soft power, that the otherwise relentless God of the Underworld exerts on the voluptuous girl. He will take her with him. And considering this certainty she cannot refrain from crying a few tears that run softly down her cheek.

Im nächsten Saal fällt weiches Licht auf eine andere Szene von unerwidertem Verlangen. Hier sind es aber zwei Jugendliche, die auf den ersten Blick in ein kindliches Spiel verwickelt zu sein scheinen. Apolls Gesicht ist zart und entspannt, während Daphne in Schrecken und Abneigung die schmalen Lippen zu einem stummen Schrei öffnet. Ihre Fußnägel verwachsen schon mit der Erde, ihre Fußsohlen erweitern sich zu gewelltem Blattwerk. Von hinten ist Daphne bereits Lorbeerbaum. Ein knorriger Stamm ist dort, wo ihr wohlgeformtes Gesäß war. Schenkel, Kniekehlen und Waden - alles ist nur noch trockene Baumrinde. Auch die schmale Hand des Gottes, die sich gierig auf den Unterleib der Nymphe legt, berührt keine junge, straffe Haut mehr, sondern nur rauhes Holz. Die Hoffnung auf erfüllende fleischliche Vereinigung schwindet in genau diesem Moment, den Bernini hier verewigt hat. Vielleicht ist Apolls Gesichtsausdruck deswegen auch nicht entspannt. Sondern schon enttäuscht.

In another hall a mild light is shed on yet another scene of unrequited desire. But here the viewer is confronted with two adolescents, that at first sight seem to be involved in a childish game. Apollo's face is soft and relaxed, while Daphne opens her thin lips in terror and disgust. Her toenails already grew together with the ground, the soles of her feet extended to curly leafage. Seen from behind Daphne is already a laurel tree. A gnarly trunk is where her well-shaped bottom has been. Thighs, hollows of the knees, calfs - all of these are just dry bark. Even the hand of the young God, that avidly takes hold of the nymph's stomach, does not touch young and firm skin but rather crude wood. The hope for fulfilling carnal fusion vanishes right this moment. Maybe Apollo's facial expressions aren't relaxed. But rather frustrated.

Ich schlendere ruhig von einem genialen Kunstwerk zum nächsten. Fast zu viele Meister sind hier an einem Ort versammelt, zu viele Meisterwerke, um sie in zwei Stunden aufnehmen zu können. Diesmal bleibt mein Blick an einem Gemälde hängen. Ein schmächtiger Knabe steht im unverkennbaren Dunkel des Caravaggio. Sein Blick senkt sich mit Abscheu auf seine Hand, deren Finger sich in den Schopf eines Kopfes vergreifen. Es ist ein unnatürlich großer Kopf, das Haupt seines Opfers. In der anderen Hand hält der Junge noch das Schwert, mit dem er jenem erwachsenen Mann das Leben genommen hat. Rote Adern und Sehnen baumeln aus dem durchtrennten Hals. Das letzte bisschen Blut tropft an ihnen aus dem grauenerregenden Antlitz. In widerspenstiger Wut sind noch die großen Augen ungleich weit aufgerissen, seine Stirn ist noch zornig gerunzelt. Doch keine Gefahr geht mehr von diesem Monstrum, von Goliath, aus. David war skrupellos.

I drift from one ingenious piece of art to the next. Almost too many masters are gathered at this place, too many masterpieces to be absorbed in only two hours. This time I stop in front of a painting. A slight boy is standing in the unmistakable darkness of a Caravaggio. In disgust he looks down to his hand that takes hold of a head. An unnaturally big head, the head of the boy's victim. In his other hand he still holds the sword, with which he took the life of this grown man. Red veins and tendons dangle out of the severed neck. The last bit of blood drips out of the atrocious visage. In unruly anger his big eyes are still wide open, his forehead is still furiously wrinkled. But the monster Goliath is no danger anymore. David was ruthless.

Freitag, 20. Februar 2009

Excursion II - Catania, Siracusa, Palermo

Die Sonne steht hoch am blauen Himmel als ich den Zug in Napoli nach Catania besteige. Es ist eine direkte Verbindung, was jeden der sich ein wenig geographisch mit Italien auskennt verwundern dürfte. Ich jedenfalls war es anfangs und ich freute mich schon auf die kurze Strecke zwischen dem Festland und Sizilien, in der die Bahn auf eine Fähre verfrachtet werden würde. Sieben Stunden lang genieße ich also die Aussicht auf die mediterrane Landschaft: grüne Hügel auf denen kleine, teilweise heruntergekommene Häuser verstreut sind, grasende Schafherden, dazwischen Palmen, Orangenbäume und Kakteen, auf der anderen Seite des Zuges das funkelnde Blau des Meeres. Und immer wieder Pinien. Pinien, die mich an Rom erinnern. Ich lehne mich zurück, lege Buch und iPod beiseite und erfreue mich an der wunderschönen Aussicht.

The sun is bright when I get on the train from Naples to Catania. It is a direct connection, which should make anyone who is at least slightly schooled in Italian geography wonder. Anyhow, I did in the beginning and was very excited about the short distance between Sicily and the mainland, where the whole train would be freighted on a ferry. For seven hours I enjoy the view on a Mediterranean landscape: green hills with scattered and partly rundown houses, grazing sheep herds, between them palm trees, orange trees and cactusses, on the other side of the train the sparkling blue of the sea. And from time to time pines. Pines, that remind me of Rome. I lean back, put away books and iPod and simply rejoice in the beautiful Italian scenery.

Alleine unterwegs zu sein ist für mich immernoch eine besondere Erfahrung. Man erinnert sich an die neuen Bekanntschaften und interessanten Orte, die man hinter sich lässt - manchmal mit leichter Wehmut - und freut sich auf neue Menschen, die einen an einem Ort erwarten, der bislang nur ein Name, ein Punkt auf einer Landkarte ist. Ein Punkt, an dem noch nicht einmal eine Reservierung für ein Nachtlager auf einen wartet. Das kann beängstigend sein - aber auch befreiend.

After being on my own in Rome for already four months, to be on the road alone is still a special experience for me. I remember the new acquaintances and interesting places, that I leave behind - sometimes a little wistfully - and look forward to meeting new people, that await me in a location, that up to now is just a name, a spot on a map. A spot, where not even a prenotation for accomodation expects me. That can be a daunting thought - but also a liberating one.

In Catania fühle ich mich endlich im Süden. Sommer, Sonne, Meer pur. Als ich aus meinem Schlummer aufwache und aus der Bahn steige, muss ich feststellen, dass ich mir genau die Zeit für meinen kleinen Ausflug ausgesucht habe, in der die Temperaturen ein Rekordtief verzeichnen. Mindestens kann ich mich am nächsten Tag ein wenig in der morgendlichen Sonne wärmen, während ich mein Kaffee-Hoch genieße. Mein Rundgang durch die Stadt führt mich zuerst auf die Piazza di Duomo, auf der ich einen Brunnen mit einem plumpen knuffigen Elefanten aus Lavagestein - das Wahrzeichen der Stadt - sehe. Ich schlage den Weg über die Via Etnea ein, die Haupteinkaufsstraße, die auf direktem Weg auf den Etna zuzuführen scheint, bis ich zum alten Benediktinerkloster mit ihrer unvollendet gebliebenen Kirche San Nicola l'Arena komme. Hier ist heute die örtliche Universität untergebracht. Und ganz ehrlich, wer würde nicht viel öfter zur Uni gehen, wenn einen dort solche Flure und Treppenhäuser erwarten würden?

In Catania I am finally in the south. Summer, sun, sea. When I awake from my soft slumber and get off the train, I have to realize, that I seem to have chosen exactly that time of the year for my little trip, in which the temperatures dropped to a historical low. At least the next day I can bask in the morning sun, while enjoying my coffee high. My tour leads me firstly to the Piazza di Duomo, where I see a fountain with a dumpy and cute elephant made of lava rock - the town's landmark. Then I pursue the Via Etnea, the main road, which seems to lead directly to mount Etna, until I get to the former Benedictine abbey with its unfinished church San Nicola l'Arena. That is where the university is lodged now. And honestly, who wouldn't wanna go to school much more often, when there would be hallways and stairways like these to look at?

Ich beschließe, dass ich mich genügend aufgewärmt habe, um auch noch kurz nach Siracusa zu fahren. Eine weitere Stunde mit dem Zug in Richtung Süden bringt mich in eine wunderschöne kleine Stadt, die hell und ruhig am Meer liegt. Ich erreiche den historischen Kern der Stadt - Ortigia - am Nachmittag. Dieser Stadtteil liegt auf einer kleinen Insel, die nur durch eine enge Durchfahrt vom Festland getrennt ist. Nachdem ich also über eine der beiden Brücken spaziert bin und kurz an den Überresten des Apollontempel verweilte, finde ich mich in stillen und einsamen kleinen Straßen wieder. Es ist gerade Zeit der italienischen Siesta, alle Geschäfte und Restaurants haben geschlossen. Kein Motorengeräusch, kein Rattern eines Rollers, Schritte oder Geräusche von vergnügten sizilianischen Gesprächen stören diese friedliche Atmosphäre. Ich hatte schon fast vergessen, was Stille bedeutet. Auch an der Strandpromenade begegnen mir nur vereinzelt Touristen; ich stehe dort eine Weile vertieft in den Anblick des Meeres, lasse mich ein weiteres Mal ein wenig von der winterlichen Sonne wärmen und koste die Ruhe aus. Es ist herrlich.

I decide that I have warmed up enough to go to Siracusa as well. Another hour on the train southwards brings me to a beautiful little city. I reach the historical city center - Ortigia - in the afternoon. This part of town is situated on a small island, that is isolated from the mainland only by a narrow water passage. So, after I stroll over one of the two bridges and resting shortly at the remains of a greek temple, I find myself in silent and lonely little streets. It is just the time for the Italian siesta, all the shops and restaurants are closed. No engine noise, no rattling of a scooter, footsteps or even the sound of merry Sicilian conversations disturb this peaceful atmosphere. I had almost forgotton what silence is like. Even at the sea front I just come across a few tourists; I stop for a while, immersed in the view of the sea, let myself get warmed up by the sun one more time and enjoy the tranquillity. It's lovely here.

Am nächsten Tag führe ich meinen Weg nach Palermo fort. Nochmals vier Stunden mit der Bahn durch die sizilianische Landschaft. Aber alle Hoffnungen auf ein paar Grad mehr in der Hauptstadt von Sizilien zerschlagen sich, als ich mich fröstelnd auf die Suche nach einer Unterkunft mache. Ich finde ein gemütliches Bed&Breakfast, direkt hinter dem wunderschönen Teatro Massimo. Aber selbst eine lange und heiße Dusche, eine entspannte Nacht in einem Zimmer für mich alleine und zur Abwechslung mal nicht in einem militärischen Etagenbett oder ein großer Teller Pasta alla Carbonara können mich von der ständigen Kälte ablenken. Keiner der Räume - weder Küche, Aufenthaltsraum noch mein eigenes Zimmer - sind beheizt; meine Balkontür isoliert kein bisschen. Noch nicht einmal der Sonne kann ich ein wenig wohlige Wärme abgewinnen. Die einzige Möglichkeit, um wenigstens für eine Weile nicht zu frieren, ist, in Bewegung zu bleiben. Also mache ich meinen Rundgang durch die Stadt, vorbei am Hafen, an der Fontana Pretoria und den Quattro Canti - einer Kreuzung der beiden Hauptstraßen an deren vier Ecken sich prächtige Barockfassaden befinden. Aber leider kann mich auch der Genuss von Kunst und Architektur nicht in heitere und behaglichere Stimmung versetzen. Obwohl ich fast alles an Kleidung, die ich mitgebracht hatte, am Körper trage, kann ich kaum etwas anderes denken als: Mir ist kalt. Mir ist kalt. Mir ist kalt.
Ein kalter Nachtzug bringt mich zurück nach Rom. Casa dolce Casa. Auch in der ewigen Stadt ist es im Moment nicht viel wärmer. Aber mindestens kann ich in meinem Schlafzimmer nicht meinen Atem sehen.

The next day I continue my trip to Palermo. Another four hours on the train through Sicilian landscapes. But all my hopes for a few degrees more are dashed, as I walked shivering through the streets in search of my accomodation for the night. I check into a nice B&B, right behind the beautiful Teatro Massimo. But even a long and hot shower, a relaxing night in a room all to myself and not in a bunk bed for a change or a nice plate of Pasta alla Carbonara can take my mind off the constant cold. None of the rooms - neither the kitchen, the living room and not even my own room - are heated; my balcony door doesn't isolate at all. I coudln't even get some warmth off the sun. The only possibility to not freeze for a while at least, is, to keep moving. So I start my tour through the city, pass the port, the Fontana Pretoria and the Quattro Canti - a crossroads with a gorgeous baroque facade on every corner. But unfortunately also the pleasure of fine arts and architecture could put me into a better humor. Although I put on almost all of the clothes I had with me, the only thing I can think about is: I'm cold. I'm cold. I'm cold.
A freezing overnight train brings me back to Rome. Casa dolce Casa. The eternal city isn't much warmer than Sicily at the moment. But at least in my bedroom I cannot see my own breath.

Sonntag, 15. Februar 2009

Excursion - Napoli

Nachdem ich in den letzten Wochen von einer regulären Grippe in eine Magen-Darm-Grippe gestolpert war, fühlte ich mich gestern endlich wieder wohl genug um meine lange angekündigte kleine Tour durch Süditalien zu starten. Das Wetter und Trenitalia machten mir die Abreise aber nicht so einfach. Pünktlich um 8 Uhr morgens stand ich am Hauptbahnhof, wo eine klassische Klapptafel mir mitteilte, dass mein Zug (und fast alle anderen auch) mindestens 40 Minuten Verspätung hatte. Nagut. Ok. Va bene. Also machte ich es mir in der eiskalten Bahnhofshalle vor der Tafel auf meinem Koffer bequem und wartete. Zwei Stunden später saß ich endlich in der eiskalten Regionalbahn. Eine halbe Stunde später setzt sich diese in Bewegung.

After recovering from a flu and running into a gastro flu after that, I yesterday finally felt well enough to go on my trip through southern Italy. However, the weather and Trenitalia didn't make my departure as comfortable as I could have hoped. At 8 o'clock sharp I was at central station in Rome, where a giant display panel informed me about my train (and almost all of the other ones too) to be at least 40 minutes late. Well. Ok. Va bene. So I got more or less comfortable on my bag in the freezing station concourse and waited. Two hours later I was on the freezing train. Half an hour later it set itself in motion.

Das Hostel of the Sun ist bunt. Und Luca an der Rezeption - der schon eine Ewigkeit hier sein muss, wie ich den zahllosen Fotos entnehmen kann - versteht es, alle Sympathien für sich zu gewinnen. Fünf Minuten nachdem ich das gemütliche Hostel betreten habe, bin ich bereits nur noch die "Intellektuelle". Ich könnte mir schlimmere Spitznamen vorstellen. Meine erste Erkundungstour führt mich direkt ans Meer. Schon im Zug war ich mal wieder begeistert, das in der Sonne funkelnde Blau zu sehen.
"Man mag sich hier an Rom gar nicht zurückerinnern: gegen die hiesige freie Lage kommt einem die Hauptstadt der Welt im Tibergrunde wie ein altes überplatziertes Kloster vor." (Italienische Reise, Goethe)
So weit würde ich persönlich nicht gehen, aber eine schöne Stadt direkt an der Küste mit dem eindrucksvollen Vesuv im Hintergrund ist eine Aussicht, die ich mit ausführlichen Spaziergängen nur zu gerne länger geniessen würde. Der scharfe kalte Wind treibt mich aber bald wieder ins Hostel.

The Hostel of the Sun is colourful. And Luca behind the counter - who must have been here since forever, which I figure from looking at the many fotos on the walls - is able to win the favors of every new guest within seconds. Five minutes after I stepped into the comfortable hostel I've already been labelled just as "The Intellectual". I could think of worse nicknames. My first tour leads me right to the sea. Already from the train I was once more fascinated of seeing the sparkling blue. And I could really get used to the view of a beautiful city right on the coast with Vesuvius in the background. But the high and cold wind is making me get back to the hostel soon.

Den Valentinsabend verbringe ich mit dem Austausch von Lebensentwürfen mit Australiern, Kanadiern, Italienern und Deutschen. Zwischendurch ruft mich Mario an (der Besitzer des Hostels in Rom) und versichert mir, dass ich im Hostel of the Sun gut aufgehoben bin und dass Luca ein guter Freund von ihm sei. Vitamin B ist in Italien von besonderer Wichtigkeit. Und ich scheine mich bereits ganz gut damit versorgt zu haben.

I spend Valentine's evening exchanging life plans with Australians, Canadians, Italians and Germans. In between I get a call by Mario, who assures me that I'm in the best hands at Hostel of the Sun and that Luca is a good friend of his. Relationships are essential in Italy. And I seem to be already adequately supplied.

Der heutige Stadtrundgang fiel leider kürzer aus als geplant. Nicht nur weil es immernoch schneidend kalt ist, sondern auch weil die Stadt sich sonntags von ihrem sonstigen Trubel ausruht. Ich sehe beispielsweise die neue Stadtburg in Küstennähe oder San Francesco di Paola, die mich nicht zufällig an Pantheon und Petersplatz erinnern. Die Zeit um das nahe Pompeji zu besuchen finde ich leider nicht; aber eine Ausstellung im Museo Nazionale über die ebenfalls im Vulkanausbruch untergegangene Stadt Herculaneum kann mir mindestens einen kleinen Einblick in den Horror und die Verzweiflung geben, welche die Einwohner dieser Stadt in den letzten Momenten empfunden haben müssen.

Today's city tour was shorter than planned. Not only because it's still freezing cold, but also because on sundays the city takes a break from its usual fuss and confusion. I see the new city castle near the coastline or San Francesco di Paola, which strikingly reminds me of Pantheon and St Peter's square. Unfortunately I don't find the time to visit Pompeji; but an exhibition about Herculaneum, a city that got destroyed in a volcanic eruption as well, can at least give me a small impression of the horror and despair that the inhabitants must have felt in their last moments.

Dienstag, 3. Februar 2009

Warum Rom? - Why Rome?

Wenn man im regnerischen Alltag versunken ist, sich die Bücher mit italienischer Grammatik, Vokabeln und banaler Kinderliteratur auf dem Tisch stapeln und einem die tägliche Pasta fade vorkommt, kann einem eine solche Frage berechtigt vorkommen. Zugegeben, global gesehen ist es wohl nicht besonders hilfreich die italienische Sprache zu beherrschen. Außerdem sind die Mieten in Rom teuer, die Heizungen dafür aber kalt. Die Busse sind unzuverlässig und die Straßenverkäufer lästig. Das Fernsehprogramm dämlich und die Männer aufdringlich. Die Nachbarn laut, der Verkehr mörderisch. Also was kann ich an diesem furchtbaren Ort nur so anziehend gefunden haben?

When being immersed in a rainy everyday life, with books of Italian grammar, vocabulary and trivial children's literature piling on the desk only with the daily pasta dish as a monotonous interruption of the studies in prospect, this kind of question seems appropriate. Truth be told, globally seen it is obviously not of great importance to be proficient in the Italian language. Also the rents in Rome are high, but the heaters unfortunately cold. The busses are unreliable and the street vendors annoying. The TV program dull and the men sleazy. The neighbors noisy, the traffic murderous. So what was it about this horrible place that I thought so enticing?

Vielleicht war es ein Kunstwerk, das mir seit meinem ersten Besuch der ewigen Stadt einfach nicht aus dem Sinn ging. Ziemlich naiv stand ich vor fünf Jahren im Petersdom vor einer Marmorskulptur, in der ich dank meiner rudimentären kunsthistorischen Kenntnisse die trauernde Maria mit dem Leichnam des erwachsenen Christus auf dem Schoß erkennen konnte. Dass dieses Werk aber einen so namhaften Urheber hat, ahnte ich zu jenem Zeitpunkt noch nicht. Und auch von jeglicher religiöser Verehrung war meine Faszination für dieses Meisterwerk völlig losgelöst. Und doch hat mich die Pietà von Michelangelo mehr berührt als es je ein anderes Kunstwerk bis heute vermochte. Noch nie hatte ich einen tatsächlichen Stein gesehen, der so weich, so fließend, so zart, so traurig, so verletzlich und so erhaben aussah wie dieser. Die Aura dieser Figuren hielt mich mehrere Minuten gefangen, bevor ich mit dem Rest der Gruppe meinen Weg fortsetzen musste. Aber die Begeisterung nahm ich mit mir.

Maybe it was a particular piece of art that I could not get off my mind since my first visit of the eternal city. Five years ago I found myself simpleheartedly looking at a marble sculpture in Saint Peter, that I was able with my rudimentary knowledge of art history to identify as the mourning Holy Mary with the dead body of Jesus Christ on her lap. At this point I was absolutely clueless about the well-known creator of this masterpiece. And my admiration was also absolutely isolated from any possible religious worship. Yet still the Pietà by Michelangelo had touched me more than any other work of art was ever able to touch me. Never had I seen an actual stone, that looked so soft, so flowing, so tender, so sorrowful, so vulnerable and so sublime like this one. The aura of the sculpture held me captured for several minutes until I was forced to continue my way with the rest of the group. But the pure fascination I took with me.

Vielleicht war es aber auch die italienische Sprache selbst, die mir eine intensive Auseinandersetzung wert schien. Tatsächlich kam ich schon früh in Berührung mit ihr, aber im Klavierunterricht waren Bezeichnungen wie "Adagio", "Fermate" oder "Pianissimo" damals nur eine Terminologie, die ich losgelöst von irgendeinem Sprachfluss auswendig lernen musste und verwendete. Erst später im Kontext der schönen Literatur fielen dann Namen wie Dante, Petrarca oder Boccaccio, die in ihren Werken zum ersten Mal eine Sprache verwendeten, die man als "volgare" bezeichnete, dessen Klang mir aber alles andere als ordinär schien.

But maybe it even was the language itself, that seemed to me to be worth a closer occupation. In fact I early came into contact with Italian, but in my piano lessons names like "adagio", "fermate" or "pianissimo" were mere terminology, that I had to memorize and use totally detached from any speech-flow. It was not until later in the context of belles lettres that I was confronted with names like Petrarca, Dante or Boccaccio, who for the first time used for a language for their works, that was called "volgare", but which sounded anything but vulgar to me.

Und vielleicht war es auch kein Zufall, dass kurze Zeit später statt rockigen Gitarrenriffs plötzlich virtuos gesungene Koloraturen oder angenehme Vibrati meine Stereoanlage immer öfter zum Beben brachten. Ganz zu schweigen von meinen eigenen bescheidenen stimmlichen Erfolgserlebnissen auf Italienisch, die eine geduldige und aufmerksame Lehrerin aus meinem ungeübten Körper heraufbeschwören konnte. Schnell wurde mir bewusst, wie ideal sich das Italienische eignete, um zu Musik erhöht zu werden und eine traumhafte artistische Gefühlswelt zu erschaffen, die einzig auf der Opernbühne zu vollendeter Realität wird. Kein Wunder also, dass die Geburtstätte dieser Kunstform hier in Italien zu finden ist.

And maybe it wasn't a coincidence that shortly afterwards my speakers were not longer rattling of rock guitar riffs but were trembling of masterly sung coloraturas or pleasant vibratos. Not to mention my own humble vocal experiences of achievement in Italian, that a patient and attentive teacher was able to extract from my untrained body. Soon I realized how ideally the Italian language qualified for being elevated into music and thus creating a dreamlike artistic world of sentiment, that solely can be put into its perfect reality on the opera stage. No wonder that the birthplace of this art form is to be found here in Italy.

Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste!
Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht?
Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern,
Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still.
O wer flüstert mir zu, an welchem Fenster erblick' ich
Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt?
Ahn' ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer,
Zu ihr und von ihr zu geh'n, opfre die köstliche Zeit?
Noch betracht' ich Kirch' und Palast, Ruinen und Säulen,
Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt.
Doch bald ist es vorbei; dann wird ein einziger Tempel,
Amor's Tempel, nur sein, der den Geweihten empfängt.
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.

(I. Römische Elegie, Johann Wolfgang von Goethe)

Aber vielleicht war es auch etwas gänzlich Unbestimmbares, das mich in diese Stadt gelockt hat. Etwas, das schon viele Schriftsteller gespürt haben müssen und das zu zahllosen Kunstwerken inspiriert hat und immernoch inspiriert. Ob Edgar Allan Poe oder Rainer Maria Rilke, Friedrich Hebbel oder Horaz, Franz Grillparzer oder Oscar Wilde; sie alle wurden berührt von der Schönheit dieser Hauptstadt der Welt mit ihren unzähligen Kunstschätzen, deren Ausstrahlung allgegenwärtig ist und einem in der reinen Betrachtung eine Ahnung von jener Ewigkeit offenbaren kann, die mit diesem Ort so selbstverständlich in Verbindung gebracht wird.

However, maybe it was something completely undefinable, that lured me into this city. Something, that many authors have felt; that inspired them to innumerous pieces of art and still does. Edgar Allan Poe or Rainer Maria Rilke, Friedrich Hebbel or Horaz, Franz Grillparzer or Oscar Wilde; all of them were touched by the beauty of this capital of the world and its many art treasures, whose presence is ubiquitous and can reveal in the sheer observation a glimpse of that eterny, which is always so naturally associated with this piece of ground.

The Coliseum

Lone ampitheatre! Grey Coliseum!
Type of the antique Rome! Rich reliquary
Of lofty contemplation left to Time
By buried centuries of pomp and power!
At length, at length - after so many days
Of weary pilgrimage, and burning thirst,
(Thirst for the springs of love that in thee lie,)
I kneel, an altered, and an humble man,
Amid thy shadows, and so drink within
My very soul thy grandeur, gloom, and glory.

[...]

These crumbling walls; these tottering arcades;
These mouldering plinths; these sad, and blacken'd shafts;
These vague entablatures; this broken frieze;
These shattered cornices; this wreck; this ruin;
These stones, alas! - these grey stones - are they all;
All of the great and the colossal left
By the corrosive hours to Fate and me?

[...]

(The Coliseum, Edgar Allan Poe)

In solchen Gedanken versunken lehne ich mich in meinem Stuhl am Schreibtisch zurück und bemerke ein paar zaghafte Sonnenstrahlen, die durch meine zugezogenen Vorhänge fallen. Ich stehe auf, ziehe die Gardinen zurück und öffne beide Balkontüren. Ich halte kurz inne; mit ausgebreiteten Armen und Händen an den Türflügeln hindere ich diese daran wieder zuzufallen und atme die noch regenschwere Luft. Dann kehre ich zu meinem Arbeitsplatz zurück. Nach wenigen Mausklicken ertönt ein lyrisches "Quando m'en vo" aus den viel zu kleinen Lautsprechern, bevor ich mich draußen auf dem Balkon auf einer kleinen Holzbank niederlasse und die letzten Sonnenstrahlen des Tages die aufgeschlagenen Buchseiten der "Canzoniere" und meine eigenen Gesichtszüge erhellen.

Engrossed in this trail of thoughts I lean back in my chair at my desk and notice a few timid rays of the sun, that gleam through my closed curtains. I get up, part the drapes and open both of the balcony doors. I pause; with outstretched arms and hands I prevent the leafs from closing again and breathe the air that is still heavy with rain. Then I return to my working place. After few mouse clicks a lyrical "Quando m'en vo" sounds from my much too small speakers; after that I take a seat on the small wooden bench on the balcony and let the last rays of the day enlighten the pages of the "Canzioniere" and my own soft facial features.

Mittwoch, 28. Januar 2009

Nur Geduld..... argh!

Geduld ist eine Tugend. Und zwar eine Tugend, die für das Überleben in Rom von essentieller Wichtigkeit ist.

Patience is a virtue. In fact it is a virtue of paramount importance for surviving in a city like Rome.

Wenn man wie ich darauf angewiesen ist, täglich die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, kann man nicht umhin ein wenig Heimweh zu bekommen. Im Stadtgebiet von Rom gibt es ein dichtes Verkehrsnetz und vier unterschiedliche Verkehrsmittel, die ich auch alle brav und häufig und meist sogar mit gültiger Fahrkarte benutze. Aber ob ich nun im Bus stehe, der viel zu schnell über das allgegenwärtige Kopfsteinpflaster rappelt oder ich in einer der beiden Metro-Linien Platz nehme, um von immer wieder denselben drolligen Cartoons auf die vielen Taschendiebe hingewiesen zu werden; immer verlangen diese Fortbewegungsmittel ein ungeheures Maß an Geduld. Natürlich, theoretisch sind die Busse nie zu spät. Es gibt nämlich schlicht und einfach keinen Fahrplan. Nur die erste und letzte Abfahrt des Tages ist auf den kleingedruckten Bushaltestellenschildern zu lesen. Wenn man dann aber tatsächlich das Glück hat, sich nach kurzer Wartezeit in den richtigen Bus setzen zu dürfen, steigt plötzlich der Busfahrer aus und nimmt eine kreative Pause. Mit einer Zigarette in der Hand bespricht er sich dann heftig gestikulierend mit seinen Kollegen, bevor er dann irgendwann seine Fahrkabine wieder betritt und das nun schon lauschig vollgestopfte Gefährt endlich in Bewegung setzt. Erleichtert atmet man also auf und freut sich schon nach einem anstrengenden Tag mit diversen Besichtigungen endlich die Füße auf der heimischen Couch hochzulegen und findet sich aber nach wenigen Minuten auf einer völlig überfüllten Kreuzung mitten in der Rush Hour wieder. Während ein Huporchester erdröhnt und sich Roller und Kleinwagen an Ampeln und größeren Vehikeln vorbeischleichen und die störenden Verkehrsregeln einfach mal gut sein lassen, kommt man als Insasse eines Busses nur zentimeterweise voran. Wer hier links abbiegen will, sollte eine ausdauernde Blase und einen großen Schimpfwortschatz bereithalten.




If one is like myself dependent on using Roman public transportation almost everyday, it is only natural to becoming somewhat homesick. In the urban region of Rome there is a dense public transport network with four different means of transportation, that I use often and most of those times even with a valid ticket. But whether I'm standing in a bus, that rattles over the cobblestone streets much too fast or whether I take a seat in one of the two subway lines to be cautioned against pickpockets by always the same dull cartoons; these means of transportation always demand a lot of patience. Of course, theoretically the busses are never late. That is because there simply are no timetables. Just the first and last departure of the day are being announced on the small printed busstop-signs. If one has for once the luck to get onto the right bus after just a short wait, the busdriver will suddenly get off to take a creative pause. With a cigarette between the fingers he debates with his colleagues while gesticulating intensely, before he finally takes his seat in the driver cabin and starts the now cozily packed vehicle. One sighs with relief and looks forward to putting one's feet up on the homey couch just to find oneself in the middle of a crowded crossroads during rush hour after few minutes. While an orchestra of honks roars and scooters and compact cars sneak pass the bigger vehicles and traffic lights, as a passenger in a bus one is moving forward only by the centimeter. Whoever wants to make a left turn on this crossroads should be the owner of a big bladder and an even larger vocabulary of cuss words.

Aber auch wenn man sich auf die Fähigkeiten des eigenen Laufvermögens verlässt, kann man in die Verlegenheit kommen, seine eigenen Geduldsgrenzen kennenzulernen. Möchte man beispielsweise eine einfache Auskunft an der Universität bekommen, stellt man sich an einer langen Schlange an, die vor einem Schalter mit der Aufschrift "Info" steht, nur um dann nach halbstündiger Wartezeit von der zuständigen Dame mit dem Hinweis auf ein anderes Büro vertröstet zu werden. Hat man jenen Raum dann endlich gefunden, wird man schlicht auf eine ganz andere Abteilung verwiesen, die sich unlogischerweise in einem anderen Gebäude des Campus befindet. Und wenn man dann sogar hier nicht mit den richtigen Informationen versorgt wird, möchte man nur noch rufen: "Verdammt und zugenäht, wo bekomme ich denn nun diesen verflixten Passierschein A38?!

But even if one relies on one's own running abilities, one can get into the inconvenience of getting to know the limits of one's own patience. If you are in need of a simple information at the university for intance, you can get into an already long line for a desk with the sign "info" on top of it, just to be referred to another office after a half hours wait. When you were then able to find the room in question, you will probably be referred to yet another department which illogically is situated in a whole other building on the campus. And if you even there won't get provided with the right information, you just want to scream out: "Damnation, where the hell do I get this darned permit A38?!"

Mittwoch, 14. Januar 2009

Alltag in Rom - Everyday life in Rome

Gerade sind Semesterferien, was bedeutet, dass ich frei über meine römische Zeit verfügen kann. Gestern kam mir deswegen in den Sinn, dass ich mal wieder einen ausgedehnten Spaziergang durch die historische Innenstadt machen sollte.
Ich stehe also gut gelaunt am späten Vormittag auf und versorge mich schnell mit einem Frühstück, das für meine Mitbewohner jedes Mal wieder befremdlich wirkt. Es scheint absurd zu sein, erst ein Spiegelei zu essen, dann Toast mit Wurstaufschnitt und zuletzt dann Toast mit Marmelade. "Wurst und Marmelade, wie unappetitlich!" Auch wenn ich nach diesen Kommentaren jedesmal darauf hinweise, dass ich Wurst und Marmelade ja nicht auf einem einzigen Toast esse, sondern zwei gesonderte Scheiben dafür verwende, bleiben die verblüfften Blicke.

At the moment it is semester break for me, which means, that I have time to spare for taking a long and relaxing stroll through the historic center, for instance. That is what yesterday crossed my mind.
So I wake up before noon, in good spirits, and treat myself to a nice breakfast, which still seems strange and outlandish to my two roommates. It appears to be bizarre to first eat a fried egg, then toast with cold meat and afterwards toast with jam. "Jam and salami, how gross!" Even if I explain to them everytime, that I do not eat jam and meat on a single toast but on two seperate ones, I cannot get the bewildered looks off their faces.

Auf dem Weg zur Bushaltestelle drehe ich mich dann wie so oft nach dem Geräusch eines schmalen Wasserstrahls, der auf den Asphalt trifft, um und stelle wieder erleichtert fest, dass gerade nicht jemand am helllichten Tag seine Notdurft an einer Straßenecke verrichtet, sondern dass wie gewohnt der Nasone sein Wasser spendet. Diese kleinen Trinkwasserbrunnen sind in ganz Rom zu finden und versorgen die Stadt rund um die Uhr mit qualitativ hochwertigem Wasser. Besonders in den heißen Sommermonaten sind die Nasoni ("große Nasen") mit ihrem erfrischend kühlen Nass ein willkommenes Geschenk der Stadt.

On my way to the busstop I turn around to the sound of a small jet of water which hits the curb and I am as always relieved to not find a guy doing his business in the middle of the day in the middle of the street but just the Nasone that gives off water. These little drinking water fountains can be found all over Rome and provide water of high quality for the city. Especially in the hot summer months the Nasoni ("big noses") with their cool and refreshing offering are a welcome bounty.

Am Hauptbahnhof Termini angekommen mache ich mich auf den Weg über die Piazza della Repubblica die Via Nazionale entlang. Ich mache Halt an den vielen Souvenirläden und überlege, ob ich wieder ein paar Postkarten verschicken sollte. Als ich zahlen möchte, spricht mich die Verkäuferin erst auf Englisch an und antwortet dann auf meine italienischen Grußworte und meine Frage nach passenden Briefmarken mit einem gut gelaunten "Ach, Sie sind ja Italienerin!" Nachdem ich diese Bestätigung einige Sekunden genüsslich auskoste, gebe ich aber zu, dass ich nicht aus Italien komme. "Sie sprechen aber wirklich gut Italienisch!"
Fröhlich trete ich dann wieder auf die Straße. Es hat angefangen zu nieseln. Aber meine Schritte, die mich Richtung Piazza Navona lenken, sind trotzdem beschwingter als vorher.

Having finally arrived at the main station Termini I follow my way over the Piazza della Repubblica along the Via Nazionale. I stop at the many souvenir shops and consider sending out some postcards. The cashier greets me in English but as I start asking her about some stamps for the cards in Italian she exclaims in the same language: "Oh, you're Italian!" After savoring this moment I admit that I am unfortunately not Italian. "But your Italian is very good!"
Cheerfully I step back on the street. It has begun to drizzle. But my steps, that lead me to the Piazza Navona, are anyhow a little easier.